Fotografie

Bilder der Seh(n)sucht.

Vielleicht verliebt sich jeder Mensch in eine ganz bestimmte Landschaft. Einen Ort, den er glaubt, schon lange zu kennen, obwohl er ihn gerade zum ersten Mal betreten hat. Katrin Klosterkötters Landschaft ist die Halbinsel Krim, aber vielleicht ist es eher der Sehnsuchtsort ihrer Seele.

Schon als Kind wurden der Fotografin die Bilder Russlands so hingebungsvoll beschrieben, dass ihr erster Aufenthalt fast schon ein Wiedersehen war. Die Liebe zu diesem Land verdankt sie ihrem Vater, der als Kriegsteilnehmer – und das ist erstaunlich genug – gute Erinnerungen mit nach Hause brachte und die Sehnsucht immer wieder aufleben ließ. Ein Auslöser für die Fotografin. 

Bloß, wie lässt sich als inzwischen erwachsene Frau die Sehnsucht nach einem Land erfüllen, das gemessen an unseren Ansprüchen so gar nichts von einem Paradies hat? Natürlich ist die ‚Insel’ Krim immer ein Urlauberparadies für die Sowjetunion gewesen. Hier, im Süden des Ostens, gibt es Sonne und Licht. Aber noch stärker scheinen die Schatten. Auch fast zwei Jahrzehnte nach dem Ende des Kommunismus ist von gewachsenem Wohlstand nur wenig zu spüren. Und dennoch findet man auf den Bildern der Fotografin einen inneren Reichtum, der viel mit der Hingabe und Herzlichkeit der Menschen zu tun hat.

Gebrauchte Plastiktüten, die fein säuberlich zum Trocknen aufgehängt sind. Klapprige Regenschirme, die wie Bilder an der Wand hängen. Mitten auf der Straße ein alter Leiterwagen, der noch aus dem 19. Jahrhundert zu stammen scheint. Auf den Bildern der Fotografin begegnen wir dem ganz alltäglichen Theater der Dinge, das von einer anderen Wirklichkeit erzählt, als es eine sozial engagierte Reportagefotografie schaffen könnte. 

Katrin Klosterkötter geht es um etwas anderes als Wirklichkeit zu interpretieren. Viel wichtiger ist der ausgebildeten Dipl. Grafikerin der Schaffensprozess selbst: Für einige Wochen im Jahr die Vertrautheit der eigenen vier Wände verlassen, um sich in einer ganz anderen Sprache und Kultur zurechtzufinden. Die gewohnte Brille absetzen. Vor-Bilder vergessen. Die Welt mit neuen Augen sehen. Unterwegs fotografieren heißt, sich auf ein Wagnis einlassen, fließend arbeiten, Zufälle mit einbeziehen und das, was einem begegnet – und das sind beileibe nicht nur Bilder – , als Geschenk annehmen.

2002 fährt Katrin Klosterkötter zum ersten Mal auf die Krim. Viele weitere Aufenthalte folgen. Nach und nach entstehen drei Postkarten-Editionen. Es sind Kondensate einer Reise, die im Grunde schon viele Jahre vorher begann und sich in über 100 tagebuchähnlichen Fotoheften niedergeschlagen hat. Und dennoch sagt die Fotografin: “Wie arm doch so ein Fotograf ist, der sich quält, bangt, hofft, der seine Bilder als Belege der Sehnsucht mit nach Hause bringt, um dann wieder in gewohnter Umgebung weiter zu machen wie bisher.” Die Fotografin macht weiter. Aus Fernweh zu sich selbst.